Fast scheint es so, als ob nur noch Nachrichten rund um die
Handelspolitik der US-Regierung das Auf und Ab an den Börsen bestimmen. Dabei
scheinen sie die ganze Aufregung gar nicht wert zu sein.
An der Börse geht es immer wieder auch darum, die wichtigen
Nachrichten von den unwichtigen zu trennen. Man muss als Anleger den Lärm
herausfiltern, das Hintergrundrauschen. Sonst verpasst man, was langfristig
wirklich zählt. Auch der altgediente Börsenprofi Alfons Cortés von der
Schweizer Unifinanz Trust sieht die Gründe in der aktuellen Verunsicherung an
den Märkten in einer übergroßen „Nachrichtensensitivität“. Zu viel Lärm. Viel
zu viel.
Ausgelöst durch die Politik, die enorme Beachtung bekommt,
weil an zahlreichen Orten neue Töne angeschlagen werden. Statt mit dem bisher
bekannten Rechts-links-Schema habe man es jetzt mit „Inklusivisten“ zu tun und
mit „Exklusivisten“. Gefährlich seien dabei Letztere, weil es danach aussehe,
dass sie den Konsensus aufkündigten, der in den westlichen Demokratien über
sieben Jahrzehnte zu Wohlstand und Stabilität beigetragen habe, so Cortés.
Dabei geht es um Gruppierungen wie Cinque Stelle und Lega in Italien oder die
Populisten in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland — oder eben auch um
die Regierung in den USA. Ihnen gemeinsam sei die Idee des Rückzugs von
Institutionen sowie das Aufkündigen von Gepflogenheiten — die Handelspolitik
ist dabei nur ein Beispiel.
Das, sagt Cortés, lähmt die Börse. Und sorgt für Angst.
Bislang ist es aber dabei so, dass weder Bären noch Bullen den Sieg
davontragen. Ein Crash sei daher durchaus möglich. Ein heilender Schock, seiner
Meinung nach. Er könnte den Nachrichtenüberschuss relativieren und den Blick
wieder freimachen für das Wesentliche.
Interessante Gedanken. Aber vielleicht geht es auch ohne
Crash. An der Börse wird negativen Nachrichten irgendwann schließlich ...
keine
Beachtung mehr geschenkt. Das könnte auch beim „Handelskrieg“ so sein. Denn
bisher war es so, dass das, was mit viel Geschrei angekündigt wurde, in den
folgenden Verhandlungen und Vereinbarungen teilweise wieder einkassiert oder
aufgeweicht wurde — um es aber dennoch als Sieg oder immensen Erfolg zu
etikettieren. So lief das bei den Stahl- und Aluminiumzöllen, bei den
bilateralen Verhandlungen zwischen den USA und Südkorea, und es wird vermutlich
auch bei den Nafta-Gesprächen so laufen, weil die USA hier zeitlich immens
unter Druck stehen.
Warum also allzu große Angst vor einem sino-amerikanischen
Handelskrieg haben? In den USA stehen Wahlen an. Wer glaubt da bitte ernsthaft,
dass es sich die Regierung mit den Wählern in jenen Staaten verderben will, die
traditionell Republikaner wählen und zufällig auch noch zu Chinas wichtigsten
Sojalieferanten gehören? Allein hier geht es um acht Bundesstaaten und damit
Wählerstimmen.
Zu viel Lärm also. Sogar der neue Präsidentenberater Larry
Kudlow rudert zurück: „Es gibt keinen Handelskrieg. Wir haben Ankündigungen,
Gespräche, Kommentare, irgendwann Verhandlungen und Beschlüsse. Und
Verhandlungen sind ohnehin schon im Gang.“ Und China? Wiegelt inzwischen auch
ab.
So viel dazu. Das Problem: Was durch die Nachrichtenflut zum
Thema Welthandel verdeckt wird, ist der Aspekt, der Börsianern wirklich Sorgen
machen muss. Und das ist die Zinspolitik. Die muss genau beobachtet werden.
Noch ist zwar alles in Ordnung und der neue US-Notenbankchef Jay Powell gibt
sich moderat. Dennoch ist die Gefahr vorhanden, dass in Sachen Normalisierung
der Geldpolitik zu schnell zu viel getan wird.
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