Die Jahresendrally
läuft. Viele der bisherigen Unsicherheitsfaktoren wiegen inzwischen weniger
schwer, allen voran der Handelskonflikt. Allerdings sind Sorgen wegen der Lage
in Hongkong angebracht .
Es gibt Zeiten, da sind die Gründe — oder besser: die
Begründungen — für das Auf und Ab an den Börsen recht monothematisch. So auch
in den zurückliegenden Wochen und Monaten. Hauptthema war und ist der
Handelsstreit der USA mit China. Stehen die Zeichen auf Entspannung, steigen die
Kurse, sieht es nach Eskalation aus, sinken sie. Verlässlich das Ganze. Und mit
ziemlicher Sicherheit dürfte der Dauerbrenner Handelskonflikt auch noch in den
kommenden Monaten für Kurssprünge weltweit sorgen. Mal rauf, mal runter. Wie
gewohnt.
Aktuell zeigt die Tendenz wieder nach oben. Das lag an Larry
Kudlow, dem Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump. Kudlow ließ
nämlich wissen, dass eine Vereinbarung mit China näher rücke. Es würden „sehr
konstruktive Diskussionen“ mit Peking geführt. Man benötige nur noch „wenige
Federstriche“ bis zu einem ersten Abkommen. „Die Stimmung ist ziemlich gut“, so
der Trump-Berater und ehemalige TV-Moderator.
Allerdings sprach Kudlow von einem ersten Abkommen, von
„Phase 1.“ Aus den besagten Federstrichen wird also noch kein komplettes
Handelsabkommen resultieren. Es wird weitere Verträge geben, von Phase 2 und 3
ist die Rede. Und man kann fast sicher sein, dass dies auch künftig wieder zu
Streit führen wird, zu Eskalationen gefolgt von Deeskalationen und zu Kurssprüngen,
mal rauf, mal runter. China bestätigte derweil die amerikanische Sichtweise:
Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete am Sonntag von einem
„konstruktiven“ Telefonat.
Weit weniger Einfluss auf die Börse, als man vielleicht
annehmen könnte, haben bisher die Proteste in Hongkong. Dort wird die Lage
immer verfahrener, und es sieht auf absehbare Zeit nicht nach einer Beruhigung
aus. Die politischen Machthaber demonstrieren Härte, die Studenten weichen
nicht zurück. Ernsthafte Vermittlungsversuche gab es bisher nicht, auch nicht
von außen. Vermutlich würde sich Peking eine Einmischung in „innere
Angelegenheiten“ auch verbitten. Gut möglich, dass sich das chinesische Militär
darauf vorbereitet, im autonom verwalteten Hongkong einzugreifen: Am Wochenende
zeigten sich erstmals seit Ausbruch des Konflikts chinesische Soldaten auf den
Straßen der Metropole.
An den Märkten spielt dies indes (noch) fast keine Rolle.
Zwar schwächelt der Hongkonger Hangseng-Index, der chinesische CSI-300-Index notiert
dagegen in der Nähe seines Jahreshochs. Einen Teil trug die chinesische
Zentralbank dazu bei, die zum ersten Mal seit 2015 den Leitzins senkte. Fast
alle asiatischen Börsen tendierten in der Folge freundlich. Und im Rest der
Welt geht es ohnehin nach oben: Der DAX ...
nahm wieder Kurs auf seine bisherige
Jahresbestmarke, und der breit gefasste US-Index S&P-500 erreichte ein
neues Allzeithoch.
Insgesamt sieht es für die Aktienmärkte also gar nicht
schlecht aus. Die Weltkonjunktur mag zwar alles andere als dynamisch sein, eine
breite Rezession ist aber auch nicht in Sicht. Dazu kommt die US-Wahl 2020: Der
amtierende Präsident Trump braucht Erfolge, um im kommenden Jahr bestehen zu
können. Eine Deeskalation im Handelsstreit wird also immer wahrscheinlicher. Ebenfalls positiv:
der Brexit. Hier hat die Wahrscheinlichkeit einer No-Deal-Trennung deutlich
abgenommen. Und schließlich die Geldpolitik: Hier ist der Zinssenkungstrend
noch nicht beendet — „lower for longer“, heißt das Motto.
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